HIER ENTLANG : VOM ÜBERLEBENSMODUS ZUM LEBENSMODUS
In meinem letzten Blogbeitrag habe ich beschrieben, wie es sich anfühlt, im Lebensmodus zu sein – in einem Zustand, in dem Herausforderungen bewältigbar erscheinen, das Steuer des Lebens fest in der Hand liegt und man das Gefühl hat, auf dem richtigen Kurs zu sein. Ich kenne meinen Stressfass- Level und weiß über den Füllstand Bescheid.Doch ich weiß aus eigener Erfahrung, dass dieser Zustand nicht selbstverständlich ist.
Auch ich habe oft erlebt, wie ich in den Überlebensmodus gerutscht bin, ohne es zunächst zu merken. Doch warum passiert das eigentlich? Warum empfinden wir Stress oft als „normal“? Und vor allem: Wie können wir erkennen, wann uns Stress hilft und wann er uns lähmt?
Warum wir Stress als normal hinnehmen
Stress gehört zum Leben, das ist klar. Und in vielen Fällen ist er sogar hilfreich: Er motiviert uns, gibt uns Energie und hilft uns, auf den Punkt konzentriert zu sein. Ich erinnere mich gut an Situationen, in denen eine neue Herausforderung – etwa ein berufliches Projekt oder eine private Entscheidung – zunächst für Irritation gesorgt hat. Im ersten Moment fühlte es sich unangenehm an, fast so, als wäre ich aus meiner Komfortzone gestoßen worden. Da erinnere ich mich an folgende Begebenheit:
Während einer Fortbildung in Paris gab es Macarons – und natürlich habe ich mich riesig darauf gefreut. Im festen Glauben, dass Macarons immer süße Köstlichkeiten sind, habe ich voller Genuss hineingebissen. Eine Kollegin schaute mich plötzlich entsetzt an und fragte: „Weißt du, was da drin ist?“ Selbstbewusst sagte ich: „Natürlich, ist doch ein Macaron!“ Doch als ich genauer schmeckte, wurde ich stutzig. Irgendwie war das… herzhaft. Meine Kollegin konnte sich kaum halten vor Lachen und meinte: „Das ist Leberpastete!“ Tja, als Vegetarier war das natürlich ein ziemlicher Schock. Seitdem weiß ich: Traue nie einem Macaron, bevor du die Füllung kennst! Meine Lernkurve war groß nach dieser Irritation.
Doch wenn der Kontext stimmte, wurde diese Irritation zu einer Chance: Ich habe gelernt, mich weiterentwickelt und meine Komfortzone Stück für Stück erweitert. Dieses Wachstum fühlt sich später unglaublich befriedigend an. Vielleicht kennst du das auch: Wenn man eine schwierige Situation gemeistert hat, merkt man plötzlich, wie viel stärker oder selbstbewusster man dadurch geworden ist.
Wenn Stress kippt: Der Überlebensmodus
Doch nicht immer läuft es so. Es gab Momente in meinem Leben, da war der Stress zu groß. Ich habe mich überfordert gefühlt, konnte keine Lösung finden und hatte das Gefühl, in einer Sackgasse zu stecken. Vielleicht kennst du das auch: Alles scheint zu viel zu sein, und plötzlich reagiert dein Körper, bevor dein Verstand überhaupt eine Antwort hat.
Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als mein Leben von einem ständigen Grundrauschen bestimmt war – so laut, dass ich die Stille kaum noch aushalten konnte. Ruhe fühlte sich unangenehm an, fast beängstigend. Also war ich immer in Aktion.
Das begann schon morgens: Ich wachte mit dem Handy in der Hand auf, der Fernseher lief, und Musik sorgte dafür, dass keine Sekunde der Stille aufkam. Bloß keine Lücke lassen, in der ich hätte nachdenken oder fühlen können. Mein Leben hatte immer mehr Umdrehungen, und ich dachte, das wäre normal.
Die Wochen waren vollgepackt mit Arbeit, die Wochenenden mit Freizeitstress. Zeit für mich? Fehlanzeige. Ich war überzeugt, dass das eben dazugehört – doch irgendwann merkte ich, wie sehr mich dieses Tempo auslaugte.
Kommt dir das bekannt vor? Vielleicht kennst du dieses Gefühl, ständig on zu sein und nicht mehr abschalten zu können. Es fühlt sich an wie ein Überlebensmodus, der alles dominiert.
In solchen Momenten übernimmt der Überlebensmodus. Das klingt dramatisch, aber es ist ein biologischer Prozess. Unser Gehirn schaltet in den Alarmzustand: Der präfrontale Cortex – also der Teil, der für klares Denken zuständig ist – gibt auf. Stattdessen übernehmen das limbische System und die Amygdala, die für Angst und schnelle Reaktionen verantwortlich sind.
Was passiert dann? Ich kann es nur so beschreiben: Mein Blick wurde enger, meine Gedanken chaotisch, und ich fühlte mich völlig machtlos. Entscheidungen zu treffen oder mich zu beruhigen war fast unmöglich. Statt Lösungen zu finden, kreisten meine Gedanken nur noch um das Problem, was sehr viel Energie kostet. Erschreckend dabei, dass es irgendwann fast sich wie “normal” anfühlt.
Der Dauerstress: Eine schleichende Falle
Für mich war es besonders schwierig, weil ich lange gar nicht bemerkt habe, dass ich in diesem Zustand feststeckte. Ich war so sehr im „Funktionieren“, dass ich gar nicht gemerkt habe, wie viel Energie mich das alles kostete. Es fühlte sich an, als würde ich in einem Hamsterrad rennen – immer schneller, aber ohne wirklich voranzukommen.
Besonders belastend war für mich, dass ich das Gefühl hatte, von meiner Bestform immer weiter wegzukommen. Statt kraftvoll und souverän durch den Tag zu gehen, wurde ich immer müder und unzufriedener. Vom “Top” zum “Flop”. Und ich wusste einfach nicht, wie ich aus diesem Zustand wieder herauskommen sollte.
Wie ich meinen Weg zurückgefunden habe
Der erste Schritt, den ich gemacht habe, war, wieder in mich hineinzuhorchen. Das klingt vielleicht einfach, aber in der Hektik des Alltags fällt es unglaublich schwer, innezuhalten und zu fragen: Wie geht es mir eigentlich?
Hier habe ich eine Methode entdeckt, die mir sehr geholfen hat: das Embodiment.
Ein gutes Bild dafür ist ein ruhiger See, auf dessen Wasseroberfläche ein Stein einschlägt und konzentrische Kreise zieht. Wenn wir gestresst sind, gleicht unser Inneres einem aufgewühlten See. Doch indem wir achtsam wahrnehmen, was in unserem Körper passiert, können wir das Wasser beruhigen und wieder die Steuerung übernehmen.
Embodiment bedeutet, die Verbindung zwischen Körper und Geist bewusst wahrzunehmen und zu nutzen. Ich habe gemerkt, dass mein Körper mir oft viel früher signalisiert, dass etwas nicht stimmt, als mein Verstand. Vielleicht kennst du das: Verspannungen, Unruhe, ein flacher Atem – all das sind Signale, die ich früher ignoriert habe.
Ein Werkzeug, das mir besonders geholfen hat: der Body Scan
Eine Übung, die ich regelmäßig mache, ist der Body Scan. Dabei nehme ich mir Zeit, meinen Körper Schritt für Schritt wahrzunehmen. Ich gehe in Gedanken von Kopf bis Fuß durch und spüre, wo Verspannungen, Unruhe oder andere Empfindungen sind. Das war anfangs gar nicht so leicht, weil ich so daran gewöhnt war, diese Signale zu überhören.
Doch mit der Zeit wurde der Body Scan zu einem Anker für mich. Ich habe gelernt, schneller zu erkennen, wenn ich in den Überlebensmodus rutsche, und bewusst gegenzusteuern. Diese Achtsamkeit hat mir geholfen, das Steuer wieder in die Hand zu nehmen und aus dem Dauerstress auszusteigen.
Was ich daraus gelernt habe
Für mich war die wichtigste Erkenntnis: Stress ist nicht das Problem. Es ist unsere Reaktion darauf, die entscheidet, ob wir daran wachsen oder daran scheitern. Es lohnt sich, auf die Signale des eigenen Körpers zu hören und gezielt Techniken wie den Body Scan einzusetzen, um wieder in die Selbststeuerung zu kommen.
Wenn du dich gerade im Überlebensmodus befindest: Du bist nicht allein. Und es gibt Wege, da wieder herauszukommen. Fang an, dich wieder zu spüren. Nimm dir kleine Momente im Alltag, um innezuhalten und auf deinen Körper zu hören.
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